Konfuzius, Apollo 12 und Adamos

Schweigend saßen sie immer noch in dem Dickicht. Catweazle war immer noch nicht aufgetaucht. „Mir ist sooo langweilig.“, Leon schaute mürrisch zu Mia und Wilhelm. Mia maulte: „Mir auch!“ Wilhelm hob seine Zeigefinger und sagte ernst: „Konfuzius sagt: Ist man in den kleinen Dingen nicht geduldig, bringt man große Dinge zum Scheitern“ Er schaute die beiden Kinder sehr ernst an und fing im nächsten Moment an, lauthals zu lachen. „Ich wollte immer schon mal einen Spruch von Konfuzius zitieren.“ Mia und Leon schauten ihn etwas verständnislos an, aber sie mussten zugeben, das Gefühl der Langweile war verschwunden.

Mia fing an: „Wer ist Kon…?“ Sie wurde jäh von lautem Motorengeräusch unterbrochen. In der Nähe hielt ein Auto, und der Fahrer schien immer wieder Gas zu treten. Es heulte in regelmäßigen Abständen auf, allerdings hörte sich das nicht wie ein Formel 1 Wagen an, sondern es war eher ein lautes unregelmäßiges Knattern. Die drei konnten das Auto aus ihrem Versteck nicht direkt sehen. Endlich passierte etwas und sie konnten nicht widerstehen zu schauen, was. Vorsichtig krochen sie aus ihrem Versteck und schlichen in die Richtung, aus der das Motorengeräusch kam.

Sie sahen das Auto und Wilhelm jauchzte vor Freude: „Das ist ein Ford Escort, den bin ich auch gefahren, so Anfang der 70 er Jahre. Was für ein Auto! Ich war stolz wie Bolle und hatte immer das Gefühl, ich sei ein Rennfahrer. Aber das habe ich nie zugegeben.“ „Psst“, reagierte Mia, aber das Geknatter des Autos war so laut, dass die Insassen Wilhelm nicht gehört hatten. Es stiegen 3 Männer aus und sie hatten Uniformen der Normannen an. Wilhelm und die Kinder schauten sich verwirrt an. Normannen in einem Ford Escort? Dieses Buch war doch irgendwie eine Herausforderung. „Ich will nie wieder in ein Buch, das ich nicht kenne, besonders wenn wir ein Rätsel lösen müssen.“, schwor Leon. Mia und Wilhelm nickten zustimmend.

Den Mann am Steuer hatten die drei schon auf dem Hexenhof gesehen. Er sah besonders witzig aus, denn er trug über seiner Uniform einen Regemantel. Einer der anderen Männer polterte ihn an: „Sam Woodyard, ich werde in dieser Aufmachung nicht fünf Meilen zu Fuß gehen. Wird es mal eine Fahrt zu den Proben unseres Historienspiels geben, die reibungslos verläuft?“ „Gestern lief er wie eine Eins, Fred.“, antwortete Sam Woodyard beugte sich über den Motor. „Das sagst du jedes Mal. Du bist wirklich mehr unter oder vor dem Auto als in ihm. Kauf dir doch mal ein ordentliches.“ Sam schaute seinen Freund schmollend an. „Mein Apollo 12 ist das beste Auto der Welt. Es braucht eben nur ein bisschen mehr Pflege.“

Wilhelm nickte zustimmend. „Ich habe dieses Auto auch geliebt. Ehrlich gesagt, war es eher eine Gurke, aber trotzdem.“ Sam klappte die Motorhaube zu und die drei Männer stiegen wieder in das Auto und fuhren weg.  „Schnell wir müssen zurück zum Turm. Wir haben uns ablenken lassen. Jetzt wissen wir nicht, ob Catweazle gekommen ist.“, Mia drehte sich um und lief los. Vor dem Turm war alles still. Sie gingen wieder in Deckung. Sie übten sich weiter in Geduld, frei nach Konfuzius. Plötzlich tauchte Catweazle mit einem Buch in der Hand vor dem Wasserturm auf.

Leon wollte schon losstürzen, aber Wilhelm hielt ihn zurück. „Wir müssen sicher sein, dass er alleine ist. Wir dürfen nicht Karotte treffen.“ Sie warteten und beobachteten.

Catweazle legte das Buch auf den Boden. Er suchte Reisig und kleine Zweige zusammen zu einem Haufen zusammen, nahm eine Packung Streichhölzer aus seiner Tasche und entzündete das Holz. Dann sprang er um den Haufen herum und sang:

„Von dem Wasser in das Feuer.

Von dem Feuer in die Erde,

von der Erde in die Luft.“

„Ich glaube, wir sollten es jetzt versuchen. Die Gelegenheit wird nicht besser. Einer von uns sollte sich in Richtung Hexenhof als Wache aufstellen, damit wir gewarnt werden, falls Karotte oder jemand anders kommt.“, Wilhelm schaute die beiden Kinder an. „Ich werde Wache halten.“, sagte Leon. „Das habe ich von Flinker Biber gelernt. Wenn ich wie ein Käuzchen rufe, dann müsst ihr verschwinden.“ Leon war in diesem Moment so traurig, denn er vermisste Flinker Biber, aber er war auch stolz, dass er so viel gelernt hatte, was er jetzt einsetzten konnte. Flinker Biber hatte ihm erzählt, dass er viele Tiergeräusche von Winnetou, dem größten aller Häuptlinge, gelernt hatte. Nun konnte er sie auch. Er schlich im Schutz der Bäume in Richtung Hexenhof.

Vorsichtig näherten sich Mia und Wilhelm Catweazle. Der war so damit beschäftigt, sein Messer zu schärfen, dass er die beiden überhaupt nicht bemerkte. Er dengelte es über einen Stein und prüfte mit seinem Daumen, ob es scharf genug war. „Jetzt Adamos“, sprach er feierlich, „bist du wieder bereit für große Taten.“ „Hallo Herr Catweazle?“, Mia sprach vorsichtig und leise, „wir bräuchten Ihre Hilfe.“ „Wer stört?“, Catweazle schaute langsam nach oben und die beiden an. „Mein Name ist Mia, das ist Wilhelm und…“, sie biss sich auf die Zunge. Geistesgegenwärtig dachte sie, dass es vielleicht besser war, nicht zu erwähnen, dass Leon auch in der Nähe war. „und wir brauchen ihre Hilfe.“.

„Ich habe keine Zeit für unwichtiges Zeug. Ich muss zurück in meine Zeit. Dafür brauche ich alle Kraft. Der junge Zaubermeister vom Hexenhof kostet mich schon so viel.“ Catweazle griff zu dem Buch, das neben ihm lag, schlug es auf und fing an, vor sich hin zu murmeln. Nun ergriff Wilhelm das Wort: „Herr Catweazle, es bedarf nicht viel Aufwand, uns eine Frage zu beantworten. Wir sind von sehr weit hergekommen, um sie zu treffen.“ Catweazle wurde etwas freundlicher: „Mich zu treffen? Bin ich berühmt.“ „Selbstverständlich auf der ganzen Welt.“ Wilhelm log schon wieder, dass sich Balken bogen. „Auch in der Welt mit dem Hohlpfad und den Nischen? Da laufe ich manchmal durch, aber es hat mich nie in meine Welt gebracht. Am Ende lande ich immer wieder in dieser Zeit mit Ele-Trick, magischen Wagen, Sonne in der Flasche, sprechende Knochen und den anderen Zaubereien. Wisst ihr, wie ich zurück in meine Höhle komme?“

Wilhelm und Mia schauten sich an. Was meinte er mit diesen Zaubern? Darüber konnten sie sich auch später Gedanken machen. Sie wussten, dass er Wasser für seine Zeitreise benötige, aber das durften sie ihm nicht sagen. Selbstbewusst sagte Wilhelm: „Wenn Sie uns bei unserem Rätsel helfen, können wir Sie vielleicht bei ihrem Problem unterstützen.“ „Das war aber nun ein Versprechen, das im Grunde keins war. Papa würde jetzt sagen, wie ein Politiker.“, dachte Mia. In dem Moment vermisste sie ihre Eltern und eine kleine Träne wollte aus ihrem Auge kommen. Keine Zeit dafür, denn Catweazle, der sich so sehnlichst wünschte, zurückzukommen, ließ sich sofort darauf ein. „Also sprecht schnell, welchen Zauber kann ich für euch sprechen?“

„Mia, wir haben die Schriftrolle gar nicht, die hat Leon im Rucksack mit.“, flüsterte Wilhelm. Mia schaute ihn mit großen Augen und überlegte fieberhaft, was auf der Schriftrolle stand. „Wir müssen einen Punkt beachten“, sagte Wilhelm, dem die genaue Formulierung nicht mehr einfiel, „und wir wissen nicht welchen.“

Catweazle stand auf und brüllte los: „Du Flederwisch, du Brennesselblatt. Ich werde Dämonen herbeirufen, damit sie euch vernichten. Bei den Geistern des Ehernen Kessels, wie könnt ihr es wagen, den größten aller Zaubermeister nach einem Punkt zu fragen. Bei Adamos, das der Hektate geweiht ist. Ich bin Catweazle. Ich habe kenne die Weisheit aller Zauberer.“ Er redete sich immer mehr in Rage. „ich beherrsche alle Sprüche und Flüche und du wagst es, mich nach einem Punkt zu fragen.“ „Herr Catweazle, bitte beruhigen sie sich.“ Mia versuchte mit langsamen Bewegungen der Hände von oben nach unten, Zauberer zu beruhigen.

Leon hatte am Weg zum Hexenhof eine gute Position zur Beobachtung gewählt. Wieder dachte er an Flinker Biber. Er war sehr beindruckt gewesen, was der Junge schon alles wusste und konnte. Dagegen war sich Leon wie ein Baby vorgekommen. Wie geduldig hatte Flinker Biber ihm das alles beigebracht. Sie hatten keine Playstation und keinen Fernseher, aber jeder Tag war spannend, lehrreich und ein großer Spaß gewesen. Hoffentlich würde er das alles nicht vergessen, wenn sie wieder nach Hause kamen. „Zu Hause“, dachte er mit schwerem Herzen, „hoffentlich hilft uns Catweazle jetzt, damit wir nach Hause kommen.

Er hörte von der Ferne wildes Geschrei. Er dachte, dass das sich irgendwie nicht so anhört, als ob Catweazle den beiden bei der Lösung des Rätsels helfen würde. Leon konzentrierte sich aber weiter auf den Weg, der vom Hexenhof zum Wasserturm führte, damit er auf keinen Fall etwas verpasste. Er fühlte sich in dem Moment ganz schön erwachsen. Es war ganz schön anstrengend, sich auf den Weg zu konzentrieren, wenn man auf der anderen Seite Schimpftiraden hörte. „Schimpftiraden das ist ein schönes Wort. Ich glaube, das ist irgendwie doppelgemoppelt, aber schön.“ Leon ermahnte sich: „Schau auf den Weg.“

Da sah er ihn. Karotte hüpfte fröhlich pfeifend auf dem Weg zur Burg Saburac. Leon stieß ein Käuzchen-Ruf aus und lief in den Wald. Dann stieß er den Ruf nochmals aus. Er lief weiter. Irgendwann stoppte er abrupt. Sie hatten überhaupt keinen Treffpunkt ausgemacht. Wie sollte er denn jetzt Mia und Wilhelm finden?