Dumbledores Hilfe

So waren Mia und Kalle erneut auf der Suche nach einem Buch. Wieviele Bücher müssten sie noch finden, bevor Kalle endlich zurückkonnte, um Eva-Lotta zu retten. Anders, das dritte Mitglied der Weißen Rose in Kleinköping, war zwar nicht dumm, aber er hatte selten die richtige Idee im richtigen Augenblick. Wie lange war Kalle jetzt schon in diesem magischen Schrank gefangen? Stunden, Tage oder gar noch länger? Jetzt hoffte er nur, dass sie bald diesen Dumbledore finden würden. Vielleicht hielt ihre Glückssträhne ja an und das Buch befand sich auf ihrem Regalbrett. Mittlerweile war er jedoch davon überzeugt, dass es Magie war und keine Glückssträhne. Hoffentlich war noch genug Magie da, um das Buch zu finden, in welchem dieser Herr zu Hause war.

Mia war vorgelaufen und schaute sich jeden Buchrücken genau an. Zum Glück hatte ihre Mama alle Harry Potter Bücher gelesen, und daher wusste Mia, dass die Buchumschläge immer vier Farben hatten. Es waren jeweils vier Streifen, die alle unterschiedlich breit waren. Wie war es noch genau? Stimmt der zweite Streifen war ganz breit und der oberste war nur noch ganz schmal. Mia hatte Mama immer wieder gefragt, ob sie ihr etwas aus den Büchern vorlesen könnte. Mama hatte sich geweigert und gesagt, dass sie noch zu klein sei, um die Geschichten zu verstehen. Außerdem seien sie viel zu spannend für Mia. Woher wollte Mama wissen, dass sie die Geschichten nicht verstand und was hieß schon spannend? Für Mia konnten Geschichten gar nicht spannend genug sein.

Gerade als Mia mal wieder voller Wut über die Großen mit dem Fuß aufstampfen wollte, wurde sie von einem bunten Buchumschlag abgelenkt. Sie lief ein kleines Stück weiter und schaute sich das Buch genau an. Rot, grün, blau und grau. Das könnte doch ein Harry Potter Buch sein! „Kalle, komm her!“, rief sie aufgeregt. Kalle, der gerade mit großem Interesse ein anderes Buch betrachtete, kam angelaufen und sah Mia fragend an. „Kalle, kannst du lesen, was auf dem Buch steht?“ Ganz Meisterdetektiv nahm er seine Lupe zur Hand und fing an zu lesen. „Kannst du nicht schneller lesen? Warum geht das so langsam?“ Kalle drehte sich zu Mia und fing zu schimpfen an: „Warum bist du immer nur so ungeduldig. Das nervt! Ich kann halt kein Deutsch, und wenn du es besser kannst, dann mach du es doch selbst!“ „Entschuldigung, Kalle!“ Kalle wendete sich wieder dem Buch zu und las ganz langsam: „Harry Potter und die Kammer des Schreckens.“ Mia übersetzte ihm den Titel, wobei sie sich nicht sicher war, dass sie die richtigen Vokabeln benutzt hatte. „Na, dass hört sich doch endlich mal nach Abenteuer an! Lass uns ins Buch gehen.“ Doch Mia rührte sich kein bisschen von ihrem Platz. „Was ist los mit dir?“ „Ich habe Angst, vor dem, was uns passieren könnte. Das klingt so gruselig!“ Kalle grinste nur. „Du brauchst gar nicht so zu grinsen!“ „Mia, dass ist nur eine Geschichte. Uns kann nichts passieren. Außerdem bin ich bei dir! Aber wie kommen wir rein. Ich kann es nicht vorlesen, dafür ist das Buch zu groß.“ Mia überlegte, wie sie mir Wilhelm im letzten Jahr in die Bücher gekommen war. Sie waren immer durch Türen gegangen. Vielleicht gab es hier ja auch eine Tür. „Komm, wir müssen nach einer Tür suchen!“ „Tür, warum eine Tür?“, Kalle verstand nur Bahnhof. Da Mia aber diejenige war, die schon mal in diesem magischen Bücherschrank war, half er ihr beim Suchen. Mit seiner Lupe suchte er Zentimeter für Zentimeter ab. Was war das? Er sah einen schwarzen Punkt, der so aussah, als ob er eigentlich nicht hierhergehörte. „Mia, ich glaube, ich habe etwas gefunden.“ Und schon stand Mia bei ihm: „Versuch doch mal, ob du daran drehen kannst?“ Kalle griff mit seiner Hand den schwarzen Punkt und tatsächlich fühlte er sich wie ein Türknauf an.

Er holte nocheinmal tief Luft und drehte dann ganz langsam an dem Punkt. Mit einem Mal sprang eine Tür auf und sie blickten auf einen großen See. „Komm lass uns gehen.“ Aber wo war Mia, sie stand doch eben noch neben ihm. Er schaute zurück und da stand Mia, die Angst war ihr ins Gesicht geschrieben, und wenn er genau hinsah, konnte er auch sehen, wie ihre Knie schlotterten. „Mia jetzt stell dich doch nicht so an. Was kann uns schon geschehen?“ Kalle reichte ihr seine Hand, die sie ganz fest packte und gemeinsam gingen sie in ihr nächstes Abenteuer! Mia wünschte sich ganz fest, dass sie Dumbledore schnell finden würden, und sie dann ganz schnell wieder dieses Buch verlassen könnten.

Sie standen am Ufer des großen Sees und als sie sich umdrehten, sahen sie Hogwarts. Ein riesiges Schloss, das alles überragte. Kalle stand mit offenem Mund da und konnte nicht fassen, dass es solche Gebäude gab. Er hatte zwar schon von Burgen, Schlössern und vielen anderen Gebäuden gehört, aber in seinen wildesten Träumen hätte er sich so etwas nie vorstellen können. „Mia, dass ist einmalig! Hier würde ich gerne länger bleiben. Was glaubst du, was man hier alles entdecken könnte. Ein Paradies für einen Meisterdetektiv!“ Mia glaubte sich verhört zu haben. War es nicht Kalle, der immer schnell weiterwollte. Jetzt lag es an ihr, ihn an die knappe Zeit zu erinnern. „Kalle, wir müssen weiter und Dumbledore finden. Komm jetzt!“ Schön und gut, aber wo sollten sie anfangen zu suchen? Dumbledore konnte überall sein.

Vielleicht könnten sie ja jemanden Fragen. Sie sahen eine Hütte in der Nähe stehen. „Kalle, wir können doch zu der Hütte laufen und gucken, ob jemand da ist, der uns weiterhelfen kann.“ „Wenn du meinst, dann mal los.“ Nach einer Weile hatten sie endlich die Hütte erreicht und Kalle ging zur Tür und klopfte. Als Antwort hörten sie von drinnen ein lautes Gebell. Mia versteckte sich hinter Kalle und starrte auf die Tür. Was würde passieren? Drinnen hörten sie eine Stimme sagen: „Fang sei still.“ Mia kam die Stimme bekannt vor. Sie hatte sie schon einmal gehört. Das war doch die Stimme von…Bevor sie zu Ende gedacht hatte, ging die Tür auf und ein riesiger Mann stand vor ihnen. Jetzt war es Kalle, dem die Knie schlotterten. Aber Mia kam aus ihrem Versteck und rief voller Freude: „Hagrid!“. Dieser schaute auf das kleine Mädchen und lächelte sie an: „Mia, wo kommst du denn her? Und wo hast du Wilhelm gelassen? Und wer ist der junge Mann bei dir?“ Fragen über Fragen und Mia wusste gar nicht, welche sie zuerst beantworten sollte. „Kommt erst mal rein und trinkt einen Tee mit mir.“ Hagrid öffnete die Tür und ließ die Beiden in seine Hütte hinein. Als sie am Tisch saßen und alle eine Tasse Tee vor sich hatten, war Mia nicht mehr zu stoppen. Sie beantwortete die ganzen Fragen und erzählte von all dem, was sie und Kalle bisher erlebt hatten. Schließlich sagte sie ganz außer Atem: „Hagrid, wir müssen ganz schnell zu Dumbledore.“ „Professor Dumbledore, soviel Zeit muss sein.“, ermahnte sie Hagrid mit einem Augenzwinkern. „Also gut, wir müssen ganz dringend zu Professor Dumbledore. Er ist der einzige der uns helfen kann.“ „Tja, das könnte schwierig werden. Professor Dumbledore mach gerade Urlaub in Italien. Er wollte sich noch einmal ausruhen, bevor die Ferien vorbei waren und die ganzen Schüler zur Schule zurückkamen. Ich weiß nicht, wann er wiederkommt!“ Es wäre ja auch zu schön gewesen. Was sollten sie jetzt nur machen?

Hagrid sah die Beiden an und wusste, dass guter Rat teuer war. Jetzt sassen sie hier zu dritt und tranken Tee. Gab es da nicht einen Spruch: „ Abwarten und Tee trinken?“  Jetzt konnte ihnen keiner mehr helfen. Dumbledore war ihre letzte Chance gewesen. Was sollten sie nur tun? Mia stand auf und sah zu Kalle: „Komm Kalle, wir müssen wieder in den Bücherschrank. Ich habe keine Idee mehr“. Aber Kalle wollte noch nicht gehen. Er wollte mehr von Hogwarts hören. Und so fing Hagrid an zu erzählen. Während er erzählte, sahen sie mit einem Mal eine Eule, die mit ihrem Schnabel an das Hüttenfenster klopfte. Hagrid öffnete das Fenster und die Eule flog hinein. Sie setzte sich auf den Tisch und hielt Hagrid ein Bein hin. Wie Kalle sehen konnte, war an ihrem Bein ein Brief gebunden. Was war das? Gab es hier so etwas wie Eulenpost? Hagrid nahm den Brief und öffnete ihn: „Lieber Hagrid, Italien war mir zu langweilig. Ich bin wieder in Hogwarts.  Komm mich doch besuchen und bringe deine kleinen Gäste mit.“ „Woher weiß, dieser Dumbledore.“ „Professor Dumbledore!“ sagten Mia und Hagrid aus einem Mund und mussten lachen. „Also woher weiß er, dass wir hier sind?“ „Professor Dumbledore weiß alles. Lass uns gehen“. Mia hielt es vor Ungeduld kaum aus. Dieses Mädchen muss dringend an ihrer Geduld arbeiten. Aber Kalle hielt den Gedanken für sich.

So machten sie sich zu dritt auf zum Schloss. Als sie im Schloss waren, gab es so viel zu entdecken. Bilder, in denen sie die Menschen bewegten und miteinander sprachen. Und dann gab es da tatsächlich Geister, die durch die Wände kamen und gingen. Kalle wünschte sich so sehr, dass sie Zeit gehabt hätten. Aber diese hatten sie ja leider nicht. Schließlich standen sie vor einem Wasserspeier, der sie doch wahrhaftig nach einem Passwort fragte. Kaum hatte Hagrid „saure Zitronendrops“ gesagt, sprang der Wasserspeier zu Seite und gab den Weg frei zu einer Wendeltreppe. Schließlich standen sie in Dumbledors Büro. Und da war er: Albus Dumbledore. Mia lief zu ihm hin und umarmte ihn ganz fest. Etwas verlegen tätschelte Dumbledore ihren Kopf. „Hallo Mia, ich freue mich auch dich wiederzusehen. Aber jetzt sage mir doch bitte, warum ihr mich unbedingt sprechen musstet.“ „Du kennst dich doch mit Magie aus, oder?“ „Das will ich wohl meinen.“ So erzählte Mia ihm, wie Kalle aus dem Buch gefallen ist, und dass sie ganz dringend Wilhelm finden müssten. „Du kannst uns doch bestimmt helfen.“ Dumbledore war gerührt von dem Vertrauen, dass Mia in ihn hatte. „Lass mich nachdenken!“ Während er nachdachte, sahen Mia und Kalle sich um. In einem Schrank sah Kalle eine Schale mit einer silbrigen Flüssigkeit. „Schau mal Mia, die Schale da. Könnte das die Schale sein, von der du mir erzählt hast?“ „Schon möglich, vielleicht können wir ja später Professor Dumbledore noch fragen.

„Also ihr Beiden, ich weiß wo Wilhelm ist und ich weiß auch, wie ihr zu ihm hinkommt. Mit Flohpulver.“ „Ich weiß, damit sind Wilhelm und ich doch letztes Jahr zu Bilbo Beutlin gereist.“ „Genau Mia, und so werdet ihr jetzt zu Wilhelm reisen. Und Mia, versuche nicht wieder die Magie auszutricksen. Denn das geht schief, wie du ja weißt.“ Dumbledore zwinkerte ihr zu, aber sie war ganz verlegen als sie daran dachte. „Versprochen!“ „Aber ihr wisst auch, dass es ein Gesetz ist, dass ihr in die Geschichten nicht eingreifen dürft. Das ist nicht immer einfach. Daher möchte ich euch noch etwas schenken. Dumbledore ging zu einem anderen Schrank in seinem Büro und holte drei kleine Phiolen heraus. „In diesen Fläschen befindet sich ein Vergessenstrank. Wenn ihr ihn einer Person gibt, dann vergisst sie alles, was sie mit Euch erlebt hat.“ „Was ist mit dir und Hagrid?“ „Keine Angst, darum kümmere ich mich schon. Weißt du noch, wie dass Flohpulver funktioniert?“ „Man muss in den Kamin gehen, das Flohpulver in die Flammen werfen und ganz deutlich sagen, wohin man will.“ „Genau, ganz deutlich. Ihr müsst sagen, dass ihr zu Wilhelm wollt.“ Er hielt den Kindern eine Schale hin und jeder nahm sich eine Handvoll Pulver. Bevor Mia in den Kamin stieg, sah sie Dumbledore an und fragte ihn, was für eine Schale, dass sei. „Das, liebe Mia wirst du erfahren, wenn du alt genug bist, um die Geschichten von Harry Potter zu lesen. Bitte Grüße Wilhelm von mir und richte ihm aus, dass die Schriftrolle Wünsche erfüllt, wenn man „Am Liebsten“ sagt oder denkt. Kalle war sich nicht mehr so sicher, ob dies eine gute Idee gewesen war hierher zu kommen. Der alte Mann wirkte zwar ganz nett, aber er sprach doch ziemlich wirres Zeug. Man konnte doch nicht in einem Kamin reisen Und warum verriet er ihnen nicht, was es mit der Schale auf sich hatte. Aber am verrücktesten hörte sich die Nachricht für Wilhelm an.

Dumbledore schaute beide an und fragte sie, ob sie bereit seien. Mia nickte und Kalle tat es ihr zögerlich nach. Mia kletterte tatsächlich in den Kamin und anscheinend konnten die Flammen ihr nichts anhaben. Sie sagte laut und deutlich: „Ich will zu Wilhelm!“, und weg war sie. Das schien ja doch zu funktionieren. Also folgte Kalle ihr und merkte zu seiner Verwunderung, dass die Flammen angenehm warm waren. Jetzt war er an der Reihe die Worte zu sprechen: „Ich will zu Wilhelm!“. Kurz sah er noch einmal das Büro bevor er sich immer schneller drehte und drehte. Bis er plötzlich aus einem Kamin purzelte.