Salmay, Dalmay, Aldonay

Sie schauten sich um. Sie waren irgendwo in einem Wald gelandet. Es war taghell. Anhand des Waldes konnten sie nicht feststellen, in welchem Zeitalter sie waren. Wie sollten sie hier Catweazle finden? Sie hatten keine Ahnung, in welcher Situation der sich befand oder in welche Richtung sie gehen sollten. „Wir müssen uns verstecken.“, sagte Leon und schaute sich nach einem guten Versteck um. An der Stelle, wo sie sich befanden, gab es weder Unterholz noch Gestrüpp. Etwas weiter entfernt sah er eine Stelle, die sicher zu sein schien. Kaum hatten sie sich in das Unterholz gequetscht, hörten sie auf einmal Männerstimmen. Alle drei schauten aus ihrem Versteck und sahen ein paar Männer, die sehr seltsam gekleidet waren. „Catweazle reist unabsichtlich durch die Zeiten.“, flüsterte Wilhelm, „Wir scheinen in der Zeit gelandet zu sein, aus der er in die Neuzeit kam. Ich weiß nicht, welche Zeit das ist.“ Leon aber kannte diese Art von Kleidung aus den Mittelalterspielen, die sie mal besucht hatten. „Sie sehen aus wie mittelalterliche Soldaten.“, sagte er leise.

Mia meinte, dass die Männer sie vielleicht zu Catweazle bringen könnten und schlug vor, ihnen zu folgen. Leon und Wilhelm nickten zustimmend. Nacheinander krabbelten sie leise und vorsichtig aus ihrem Versteck. Die Männer waren so lauthals in Gespräche vertieft, dass sie zum Glück überhaupt nicht mitbekamen, was um sie herum passierte. Wilhelm und die Kinder verfolgten die Männer in gebührendem Abstand. Plötzlich blieben die Männer stehen und schienen sich, um etwas herum zu gruppieren. Mia, Leon und Wilhelm verharrten hinter einem Baum.

Sie hörten ein lautes Kreischen: „Salmay, Dalmay Aldonay!“ Wilhelm flüsterte: „Das kommt von dort, wo die Männer stehen. Das ist Catweazle. Diesen Spruch haben wir schon im Bücherschrank gehört. Super, wir haben ihn gefunden.“

Leon schaute vorsichtig hinter dem Baum hervor, um zu beobachten, was die Männer machten. Er konnte das nicht so genau erkennen. Auf einmal hörten sie wieder Catweazle schreien: “Tetragrammaton!“ Da setzte sich die Gruppe der Männer in Bewegung und verschwanden. „Die Männer sind in eine Höhle verschwunden.“, berichtete Leon. Sie hörten verschiedene dumpfe Geräusche. Im nächsten Moment rannte Catweazle mit einer Kröte auf dem Arm an ihnen vorbei. Noch bevor sie ihm folgen konnten, kamen die anderen Männer hinter Catweazle hergerannt. Sie hörten ihn rufen: „Narren! Normannische Narren! Ich werde euch zu einem schönen Tanz anführen.“

Dann waren die Normannen und Catweazle verschwunden. „Los wir müssen da irgendwie hinterher. Wir dürfen ihn nicht wieder aus den Augen verlieren.  Er wird irgendwann irgendwie in eine andere Zeit reisen, wir dürfen ihn nicht verpassen.“ Im Schutz der Bäume liefen sie in Richtung, wie die Normannen und Catweazle. Sie mussten stehenbleiben, weil vor ihnen die Normannen das Dickicht durchkämmten. Wo war Catweazle? Lautlos zeigte Mia nach oben. Catweazle saß tatsächlich auf einem Baum und schien sich köstlich zu amüsieren. Auf einmal ertönte ein lautes Quaken. Catweazle sprang oder fiel vom Baum und rannte weiter. Die Normannen rannten hinter ihm her. So schnell konnte man gar nicht gucken, wie sie alle verschwunden waren. Leise und schnell, wie sie es alle von Flinker Biber gelernt hatten, liefen die drei der Gruppe hinterher.  Doch sie konnten weder die Normannen noch Catweazle finden. Die Suche war ein schwieriges Unterfangen, denn man durften sie nicht entdecken, aber sie mussten Catweazle finden. Nach einer Weile kamen sie an einen See, aber auch hier waren weder Catweazle noch die Normannen.

Ob Catweazle schon in der Neuzeit gelandet war? Die drei wussten sich keinen Rat. „Wir sollten nochmal zu Catweazles Höhle gehen. Vielleicht gibt es dort einen Hinweis.“, sagte Wilhelm etwas resigniert, weil ihm klar war, dass Catweazle verschwunden war. Wieder im Schutz der Bäume liefen sie zurück zu der Höhle und warteten eine Weile, um sicher zu sein, dass die Normannen nicht dort waren. Sie betraten die Höhle. Ein unglaublicher Gestank kam ihnen entgegen. Sie hielten sich alle ihre Jackenärmel vor die Nase. Leon holte die Taschenlampe aus dem Rucksack und leuchtete in das Innere. Die Höhle war furchtbar dreckig und alle Sachen lagen kreuz und quer auf dem Boden. Überall klebten grüne Spritzer an den Wänden und auf dem Boden. In der Mitte lag ein zerfleddertes Buch. Mia hob es mit spitzen Fingern auf und schlug es auf. „Wilhelm ließ mal vor.“, sagte sie. Wilhelm schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht lesen. Ich kenne die Zeichen nicht.“ Leon fasste ihre Situation zusammen: „Also bringt das alles hier uns überhaupt nicht weiter und schon gar nicht zu Catweazle. Ich schlage vor, wir gehen erstmal hier raus. Der Gestank ist ja nicht zum Aushalten. Dann machen wir einen neuen Plan.“ Mia legte das Buch wieder auf den Boden und alle drei verließen die Höhle. Bedröppelt standen sie nun davor und holten erstmal tief Luft, um den stechenden Geruch aus der Nase zu bekommen.

Da hörten sie die Männer wieder. „Schnell, wir müssen hier weg.“, Wilhelm drängte die beiden in den Wald hinter der Höhle. Tatsächlich schauten sich die Normannen nochmals in die Höhle um. Dabei riefen sie sich laut zu, dass der Hexenmeister nicht mehr da wäre. Einer polterte noch hinterher: „Der kann was erleben, wenn ich den in die Hände kriege.“ Ich kenne das Buch nicht, aber irgendwie haben die Normannen keine gute Figur gemacht. Sie sind viel mehr, größer und stärker als Catweazle und haben ihn doch nicht gefangen. Und jetzt die Angeber spielen. Das ich nicht lache.“, bemerkte Mia schmunzelnd, „ich denke, wir gehen noch etwas tiefer in den Wald, um in Sicherheit und Ruhe nachzudenken.“

Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinanderher, als Wilhelm plötzlich sagte: „Wir können die Schriftrolle fragen, wie Catweazle sich durch die Zeiten bewegt.“ Wir können uns direkt wünschen, dass wir dahin kommen, wo Catweazle ist.“, warf Leon ein. „Das stimmt.“ Mia hatte schon die Schriftrolle aus dem Rucksack auf Leons Rücken genommen und hielt sie Wilhelm hin. Wilhelm griff sie und sagte laut: „Ich wünsche uns…, ihr müsst mich anfassen, ich wünsche uns zu Catweazle.“

Doch es passierte nichts. Sie waren exakt an der Stelle in derselben Position wie vor dem Wunsch. „Na toll“, motzte Mia. „Was jetzt?“ Wilhelm und Leon zuckten die Schultern. „Wir müssen irgendwie zu Catweazle und wir kennen die Geschichte nicht. Wir wissen, dass er noch nicht lange weg ist und er ist hier in der Nähe verschwunden. Wenn wir nur wüssten, wie er verschwunden ist.“ Wilhelm fühlte sich mit seinen Worten gerade wie ein großer Detektiv. Ob die große Versammlung in Hamburg daran schuld war?

„Offensichtlich kann man mit der Schriftrolle zwar in und aus dem Bücherschrank und in und aus Büchern, aber nicht innerhalb von Büchern reisen.“, fasste Mia zusammen, „Vielleicht können wir die Schriftrolle fragen, wo Catweazle ist und wie er da hingekommen ist. Dann versuchen wir ihm zu folgen.“ Wilhelm rollte die Schriftrolle auf und sprach laut: „Ich wünsche mir zu wissen, wo Catweazle jetzt ist und wie er dahin gekommen ist.“ Langsam erschienen Buchstaben auf der Schritrolle.

„Catweazle sprach: Sunandum, Hurandos! Lasst mich fliegen! Salmay! Dalmay! Adonay!

Der Sprung ins Wasser brachte ihn zum Hexenhof“

„Aha, wir brauchen Wasser. Also müssen wir bestimmt zu dem See. Dort in der Nähe haben wir Catweazle verloren. Das ist die einzige Möglichkeit.“, erklärte Leon. Er lief sofort in Richtung See los und die beiden anderen hinterher.

Am Ufer des Sees angekommen, bemerkte Mia: „Mir behagt das überhaupt nicht, dass wir jetzt in den See springen sollen. Was ist, wenn das nicht funktioniert. Die Schriftrolle hat ja nur gesagt, dass Catweazle das so gemacht hat, weil wir das gefragt haben. Ist das auch unser Weg?“ Wilhelm erwiderte, dass sie die Schriftrolle nochmals befragen sollten, ob Catweazles Weg auch für sie der Richtige war. Wilhelm rollte die Schriftrolle aus und sprach: „Kommen wir durch den See zu Catweazle?“

Schrift erschien langsam auf der Schriftrolle.

Das Wasser ist Catweazles Reiseweg und es steht euch offen.

Springt rein und durch die Zeiten.

„Wenn die Schriftrolle das sagt, dann können wir es so machen, oder?“, vergewisserte sich Leon. „Klar!“, sagte Mia, obwohl ihr das überhaupt nicht geheuer war, einfach so in einen See zu springen. Sie beugte sich vor und hielt ihren Finger in das Wasser. „Das ist ganz schön kalt. Ich hoffe, wir kommen trocken auf der anderen Seite an.“ Wilhelm dachte nur, dass hoffentlich sein Herz diese Strapaze mitmachen würde. Er sagte sich, dass er jetzt einfach auf die magische Welt verlassen sollte.

Sie suchten sich eine Stelle, an der sie zusammen gut in den See springen konnten. Die drei fassten sich an die Hände und zählten bis drei, bevor sie gleichzeitig mit einem riesigen Platsch in den See sprangen. Sobald sie wiederauftauchten, öffneten sie die Augen. Sie saßen mitten in einem kleinen Teich. Eine Ente schwamm an ihnen vorbei, Kühe weideten am Ufer und sie waren klitschnass. „Trocken auf der anderen Seite ankommen, hat ja hervorragend geklappt. Danke Magie,“ sagte Wilhelm spöttisch und mit klappernden Zähnen, „Wir müssen jetzt erstmal aus dem Teich, uns verstecken und trocken werden.“

Die drei wateten zum Ufer, kletterten aus dem Wasser und liefen sofort in das angrenzende Wäldchen. In der Ferne sahen sie einen Gutshof oder etwas ähnliches. „Das wird wohl der Hexenhof sein.“, schlussfolgerte Leon. „Schaut mal dort etwas abseits steht eine Scheune. Vielleicht können wir uns dort erst einmal verstecken. Zumindest bis wir wieder trocken sind.“ Die drei schlichen nach Indianerart zur Scheune. Mia hielt sofort ihre nasse Jacke vor den Mund. Nach dem Gestank zu urteilen war Catweazle  auf jeden Fall hier gewesen. Vielleicht war er es sogar noch. Sie rief vorsichtig. „Catweazle?“ Es kam keine Antwort. Aber die drei waren zu müde und erschöpft, um die Scheune wieder zu verlassen. Sie kletterten über eine Leiter auf den Heuboden und stapelten ganz viele Heuballen auf, so dass man sie nicht so schnell sehen konnte. „Das ist schon wie eine Falle.“, sagte Wilhelm mit vor Kälte zitternder seine Stimme, „Vielleicht gibt uns die Schriftrolle wieder einen Hinweis, wo wir Catweazle finden. Leon, gib mir mal die Rolle rüber.“ Bevor er die Rolle ausrollte, sagte er müde: „Können wir uns nicht einfach wünschen, dass unsere Kleidung wieder trocken wird.“ Die drei fassten gleichzeitig an ihre Kleidung und stellten fest, dass sie trocken war?“

Wilhelm rollte die Rolle auf und es erschien: Dieser Wunsch kann erfüllt werden.. „Jetzt noch Decken und etwas Essen aus dem Mary-Poppins-Rucksack und ich habe wieder gute Laune.“ Leon schaute erwartungsvoll zu Mia, die sich genau das wünschte und der Rucksack lieferte, wie gewünscht. Gesättigt und warm fielen allen drei die Augen zu. Sie überlegten noch, dass einer Wache halten sollte, aber dann waren sie im Reich der Träume angekommen.